... UND SEIN WIRKEN.
Das Schulkreis-Team bestehend aus:
Waltraud, Rita, Helga und Elisabeth
Am 3. Jänner hat sich die Gruppe zu einer konstruktiven Besprechung getroffen. Es wurde diskutiert, was im letzten Schul-Ackerjahr gut gelaufen war und was wir in Zukunft besser machen könnten.
Wir haben festgestellt, dass die Kiga-Pädagoginnen und die Lehrerinnen und der Herr Lehrer der VS unseren Acker sehr positiv aufnehmen.
Die Farbenvielfalt der Bohnen haben auf die Kinder und Pädagoginnen und Pädagogen eine Faszination ausgeübt.
Waltraud wurde im Herbst von der Bildungsdirektion eingeladen, an einem Oekolog-Kongress teilzunehmen. Dort referierte die Psychologin Dr. Natascha Florence Bousa über die bedeutende Rolle eines Schulgartens in Bezug auf Gewaltprävention in der Grundschule. Die Farben in einem Garten und das Tun wecken positive, beruhigende und kreative Potenziale.
Eigentlich ist unser Schulprojekt dadurch entstanden, dass die Kindergärtnerin Birgit Esser beim Kartoffelernten auf unserem Acker die Aussage gegetätigt hat: "Ich erkenne unsere Kinder nicht wieder, wie intensiv, ruhig und freudig sie Kartoffeln ausgraben und klauben, sogar über einen längeren Zeitraum."
Der Schulkreis arbeitet nun an dem Ziel, dass alle Elementarpädagoginnen und -pädagogen ein Semester lang eine Ausbildung im Gartenbau erhalten sollen.
Ein erster Schritt dorthin ist bereits geschehen. Es gibt heuer in Pöls schon Fortbildungsveranstaltungen für die Elementar-Pädagoginnen und die Lehrer und Lehrerinnen der VS.
ERSTER EINSATZ
Das neue Ackerjahr beginnt im Jänner mit der Samenauslese-Schulstunde. Wie im Vorjahr schon war Waltraud am 22. Jänner mit einem Korb, gefüllt mit Bohnen in den ersten Klassen. Heuer wurde sie von Gabriele begleitet. Mit einem Märchen wurden die Kinder eingestimmt auf ihre Aufgabe, die schönsten Bohnen zu finden, die sich für die Ausaat im nächsten Ackerjahr eignen. Die ausgewählten Samen wurden in kleine Glasgefäße gefüllt und dann in Säckchen gegeben, wo sie bis zur Aussaat aufbewahrt werden.
Im Frühling kommen wir wieder mit Anzuchttöpfchen in die Klassen. Die Kinder können dann die Mais-, Bohnen- und Kürbissamen in die Erde stecken. Im Mai werden die Kinder die Pflänzchen in die zuvor vorbereiteten Dämme setzen.
FORTBILDUNG
Am 11. Februar wurde für Kindergarten Pädagoginnen ein Planungsseminar abgehalten. Waltraud Neuper und Michaela Majcenowic haben den Pädagoginnen gezeigt, wie einfach man einen kleinen Damm errichten und bearbeiten kann und welche Arbeiten zu welcher Zeit zu erfolgen haben.
Kinder (im) Garten
Planungsseminar
11. Februar 2025
14.00 – 18.00
Uhr
VS-Pöls-Oberkurzheim
Skriptum:
Durch die Teilnahme an diesem Planungsseminar zeigen die Elementar-
Pädagoginnen Interesse an den Potenzialen eines Gartens im Kindergarten,
durch welche die Kinder in ihrer Entwicklung zu kompetenten, einfühlsamen
und gegenüber dem Lebendigen verantwortungsvollen ERDE(N)Bewohner
und ERDE(N)Bewohnerinnen unterstützt werden können.
Wenn hier von ERDE(N)Bewohner/Bewohnerin gesprochen wird, dann
verstehen wir unter Erde einerseits den Planeten und andererseits den
Erdboden und mit ihm die unumgehbare, alles fundierende Grundlage
unseres Erden-Daseins. Deshalb nehmen wir die Erde und den Boden vorab
in den Blick:
Die Situation ist eben, wie sie ist. Wir können sie ignorieren – aber nur dann,
wenn wir uns den Gedanken an die nächsten Generationen verschließen.
In jedem zukunftsorientierten Menschen lässt der Zustand unserer Böden
die Frage aufleuchten: Was können wir da tun?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten und eine liegt in einer „Boden-nahen“
Elementar- und Primärpädagogik.
Wir können - so wir die Zukunft unserer Kinder und deren Kinder in den
Blick nehmen – sie lehren auf diese dünne Schicht, diese zarte Haut
aufzupassen. Wir können sie fit machen, mit diesem lebendigen Schleier rund
um die Erdkugel kompetent, sorgsam und gegenüber dem Lebendigen
verantwortungsvoll umzugehen. Und das in einem Alter, wo ihr Verhältnis
zur Natur noch nicht ganz verstellt oder aufgelöst, noch nicht kognitiv
abstrahiert ist. Und damit meine ich, dass sie ihr Wissen über die Natur
zunehmend nicht mehr aus der Erfahrung gewinnen.
Eine schöne Möglichkeit wäre: Wir schenken ihnen einen Garten mit all
seinen Potenzialen und erinnern uns an den Pädagogen Friedrich Froebel,
der den Begriff Kindergarten nach seiner Aussage als Inspiration empfangen
hat: Die Kinder wie eine Pflanze pflegen.
Das unspektakulärste, einfachste, kostenlose Konzept, in kurzer Zeit mit nur
zwei Werkzeugen einen Garten anzulegen, heißt: Wir ziehen einen Damm.
Hier sei mir ein kleiner Ausflug in die Philosophie erlaubt:
Der Garten steht zur Natur im gleichen Verhältnis, wie das Kind zur
Gesellschaft.
Aus der Wiese einen Garten gebären. Aus der (wilden) Natur eine kleine
Fläche herauskultivieren.
Dafür braucht es verschiedene Fähigkeiten – welche wir in unserem
Kulturbegriff finden. Unser Kulturbegriff kommt vom lateinischen Wort
colere und hat mehrere Grundbedeutungen:
Bauen, bebauen, pflegen, verpflegen, Sorge tragen, ausbilden, veredeln,
bewahren, achten und ehren.
Wir können erkennen, dass diese Begriffe allesamt friedlich sind und auch,
dass es lauter referentielle Begriffe sind, die sich auf etwas oder auf
jemanden beziehen. Daraus könnten wir ableiten, dass wir mit diesen
Fähigkeiten eine friedliche Kultur, ja sogar eine Beziehungskultur entwickeln
können. Und bei näherer Betrachtung fällt uns auch ins Auge, dass wir sie im
Garten anwenden und auch in der Begleitung der Kinder. Und wir können (3)
auch bemerken, dass es genau die Fähigkeiten sind, mit denen wir eine neue
Beziehung zum Boden, zur Mutter Erde aufbauen können.
Entlang der Bilder sollen die Potenziale dieses Dammes aufgezeigt werden:
Abheben der Grasschicht, sorgfältig ablegen, die Erde berühren, den Damm mit den Händen aufhäufeln, sinnliche Erfahrung – die Erde ist kalt, warm, hart, weich, rieselt, ist matschig, locker, fest….
Die Pflanzen setzen: Vorher den Samen in die Erde legen – die Prozesse des Keimens und Wachsens beobachten (nicht erklären, sondern schauen lassen)
Die Wurzeln sehen wir nur, wenn wir die Pflanze einsetzen. Wir sehen
nur die obere Pflanze – was tut sich unten? Viele Elementarpädagoginnen
haben mir in den letzten Jahren die Beobachtung bestätigt, dass Kinder um das sechste Lebensjahr herum beginnen, Löcher in die Erde zu graben. Das scheint auf das Bedürfnis des Kindes hinzuweisen, Wurzeln zu schlagen.
Es folgt jetzt wieder ein Ausflug – diesmal in die Naturwissenschaft mit
einem Versuch, der nachweisen kann, dass Kunstdüngung die Wurzelbildung hemmt.
Es werden sechs Gläser mit Wasser befüllt – je zwei mit der gleichen Voraussetzung:
Die ersten beiden Gläser wurden nur mit Wasser befüllt, die beiden nächsten
bekamen je 5 Kügelchen Blaukorn und die letzten zwei bekamen je 10
Kügelchen Blaukorn (das ist Kunstdünger) ins Wasser. Dann wurden alle mit
Gaze (Mullbinden) so bespannt, dass diese ganz oben ins Wasser zu liegen
kam. Dann wurde in jedes Glas je ein Korn Roggensamen gegeben.
Das Resultat: Im reinen Wasser bildete der Roggen ganz viel Wurzeln aus, in
den Gläsern mit den meisten Kügelchen Blaukorn bildeten sie nur ganz
wenige Wurzeln. Am meisten Wurzeln bildete der Roggen im Blumentopf, der gleich groß war, wie die Gläser.
Fazit: Je mehr Düngung, desto weniger Wurzeln – (und in der Folge, desto
weniger Bodenbildung). Pflanzen, die nicht künstlich gedüngt werden,
suchen sich ihre Nahrung selbst im Boden und bilden dadurch mehr Wurzeln
aus und gehen viel mehr Beziehungen mit den Mikroorganismen und
anderen Bodenlebewesen ein. Sie wachsen stabil, bilden innere Qualitäten
wie Geschmack und Lagerfähigkeit.
Schlussfolgerung für die Pädagogik: Je mehr Kinder selbst erfahren dürfen,
desto mehr Wurzeln schlagen sie. Nicht erfahrungsbasiertes Wissen wirkt
wie der künstliche Dünger!
Wir kehren nun aus der Naturwissenschaft wieder zurück zu den Potenzialen eines Gartens für die Kinder:
Beim Wachsen zuschauen
Aussetzen der Pflanzen in den Damm: Kinder vertrauen ihre Pflanzen der Erde an und es folgen jene Aufgaben, die die Pflanze am Leben erhalten. Der erste Schritt in die Verantwortung und aber auch Selbstwirksamkeit. Mein Tun ist relevant für das Überleben der Pflanze – wenn ich sie nicht pflege, die Erde lockere, gieße – dann stirbt die Pflanze.
Es ist jetzt die Zeit im Garten – Juni, Juli… wo Kinder vielfältige
Sinneserfahrungen machen können – Düfte, Farben, Formen, Klänge…
In diesem Zusammenhang möchte ich auf Frau Mag. Natascha Florence Bousa, Leiterin des Instituts für Gewaltprävention, hinweisen, die in einem Vortrag am Kongress der Oekolog-Schulen in Graz betonte, dass ein Schulgarten vielfältige
Möglichkeiten zur Gewaltprävention bietet.
Die Farben und Formen des Gartens wirken auf das Seelisch- Künstlerische im Kind anregend, belebend (im Vergleich zu den toten Bildern in Smartphones oder Tablets…)
Ein besonderes Potenzial stellt die Begleitung der Lebens- und Sterbensprozesse der Pflanze dar und die Übergabe des Abgestorbenen an die Kompostmiete. Und dort wird das Abgestorbene durch die Hilfe von Mikroorganismen und Kleintieren wieder in lebendige Erde verwandelt.
Ein Ausflug in die Philologie und Phänomenologie der Sprache:
Kompost kommt von conponere und bedeutet: zusammenlegen, (deshalb
schmeißen oder werfen oder hauen wir nichts auf die Kompostmiete,
sondern legen oder geben es dorthin), zur Ruhe betten, schlichten, gestalten.
Wir sprechen auch davon, dass wir eine Kompostmiete gestalten. Wir sind
mit all diesen Arbeiten im Bereich des Lebendigen tätig.
Das Potenzial des Erntens weist uns auf eine wichtige Unterscheidung zwischen Empfangen und Nehmen hin. Achtung auf die Handhaltung! (6)
Wir legen das Empfangene zusammen und teilen es dann. Dieser Vorgang überwindet das: Das ist meines! Sondern wir teilen unsere Ernte untereinander.
Das ist dann ein Grund zum Feiern der Ernte!
Als großes Potenzial bietet der Garten die Erfahrung der Zyklen und Rhythmen.
Es ist und war schon immer ein tiefes Bedürfnis des Menschen, Gewissheiten
zu finden. Worauf kann ich mich verlassen, worauf kann ich vertrauen! Das
wird in unserer Zeit zunehmend schwieriger, angesichts der technischen
Möglichkeiten Halb- und Unwahrheiten zu verbreiten.
Eine Erfahrung des sicher Wiederkehrenden über Jahre erfahren, stärkt das
Vertrauen: Den Samen in die Erde legen, pflegen, ernten, wieder in die Erde
legen, ernten und wieder in die Erde legen… So entsteht ein tiefes,
unausgesprochenes Vertrauen in die Natur, aber auch in die eigene
Selbstwirksamkeit in dieser Kooperation mit der Natur!
Veranstalter:
Verein Garten macht Schule (ZVR 1956663458) über das Amt der
Steiermärkischen Landesregierung Abteilung 6 Bildung und Gesellschaft,
Referat Kinderbildung und -betreuung
Karmeliterplatz 2
8010 Graz Tel: +43 (316) 877-2099
Referentinnen: Maga. phil. Waltraud Neuper, Michaela Majcenovic MA (Garten macht Schule)
Mitgestalterinnen: Dipl.Päd. Helga Schaflechner, Rita Hochsteiner,
Dipl. Päd. Elisabeth Alteneder (Gelawi-Murtal)
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